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Ein Schritt nach vorn und zwei zurück in Syrien

Seit nunmehr einer Woche gilt in Syrien der ausgehandelte Waffenstillstand; auf dem Papier zumindest. Hat sich wirklich etwas an der Lage in Syrien geändert? Assad hat seine Truppen nicht zurückgezogen. Das Morden und die Gefechte in Syrien gehen weiter. Die Opferzahlen seit dem Waffenstillstand haben oppositionellen Berichten zufolge die 100er Marke überschritten; alleine 32 wurden am gestrigen Mittwoch gezählt. Und wie befürchtet, geraten die UN-Beobachter offenbar zwischen die Fronten. (nachzulesen u.a. bei der BBC)

Hillary Clinton deutet all dies als “crucial turning point” für Syrien. Außenminister Westerwelle spricht am Rande der NATO-Konferenz in Brüssel von “empfindlichen Rückschlägen” und fordert zur Einhaltung des Waffenstillstands und des 6-Punkte-Plans Annans auf. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan fordert Assad auf, seine Panzer zurück in die Kasernen zu verlegen. Insgesamt zeigt er sich erbost und pessimistisch. Der Druck auf Assad müsse weiter erhöht werden. Ban Ki Moon regt eine Ausweitung der Beobachtermission von 30 auf 250 Mitglieder an.

Es drängt sich die Frage nach dem Sinn und Zweck der Beobachtermission auf. Um festzustellen, dass sich sowohl Assad als auch die Rebellen nicht an die Vereinbarungen halten, bedarf es keiner 250 UN-Beobachter. Die Desillusionierung und fast schon Frustration brachte ein syrischer Aktivist trefflich mit einem Banner zum Ausdruck, auf dem sinngemäß geschrieben stand: “Der Mörder vollzieht seine Morde, die Beobachter vollziehen ihre Beobachtungen und das Volk vollzieht seine Revolution” (frei nach BBC).

Faktisch hat sich an der prekären Lage in Syrien kaum etwas geändert. Assad spielt auf Zeit. Die UN verharrt trotz der vereinbarten Resolution und der Entsendung von Beobachtern in einer kaum handlungsfähigen Situation. Was bleibt als Alternative? Was wird unter den Mitgliedern der Syrien-Kontaktgruppe diskutiert? Die jüngsten diplomatischen Erfolge hinsichtlich der russischen und chinesischen Haltung müssen weiter ausgebaut werden. Die Chancen auf einen neuerlichen Konsens über weitere Vorgehensweisen müssen ausgelotet werden. Sanktionen gegen Assad müssen durchgesetzt und aufrechterhalten werden.

Doch was, wenn all dies keine Früchte trägt? Auf den saudischen Weg schwenken und die Rebellen weitgehend unterstützen, damit sie sich selbst des Assad-Klans entledigen? Die NATO über das türkische Grenzproblem als handelnden Akteur in die Lage einbeziehen? Assad den Weg ins Exil erlauben? Der Spielraum ist eng abgesteckt. Lokale Akteure, Russland, China, Europa und die USA haben je eigene Partikularinteressen. Maßnahmen, die der eine für nötig erachtet, schließt der andere aus. Viellecht ist manchen die Unsicherheit in der Region sogar nicht einmal ungenehm. Man kann nur darauf hoffen, dass das Verantwortungsgefühl irgendwann die einzelnen Interessen überlagert. Dazu bedarf es in der aktuellen Lage wohl am ehesten weiterer enormer Anstrengungen auf dem diplomatischen Parkett und eines Tit-for-tat im Sinne der Spieltheorie zwischen Russland, China und den westlichen Akteuren.


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